
Männer und stricken
Stricken ist nicht (nur) Frauensache – Männer am Garn
Ein Mann mit Stricknadeln in der U-Bahn? Noch immer sorgt dieses Bild für überraschte Blicke – dabei ist es weder neu noch ungewöhnlich. Denn was heute oft als weibliches Hobby gilt, war früher fest in Männerhand: Stricken war ursprünglich ein Männerberuf – die erste Strickergilde wurde bereits 1527 in Paris gegründet. Auch Seefahrer und Soldaten strickten Kleidung für sich selbst oder ihre Kameraden. Strickkunst war Überlebenskunst – und keine Frage des Geschlechts.
Heute entdecken Männer das Stricken wieder für sich – und das aus ganz unterschiedlichen Gründen.Inhalt
Warum immer mehr Männer stricken
Der Griff zur Stricknadel ist für viele Männer ein Gegenentwurf zum hektischen Alltag: kein Bildschirm, kein Wettbewerb, kein Lärm. Stattdessen: Garn, Bewegung, Struktur. Stricken wirkt entschleunigend, erdet – und schafft greifbare Ergebnisse.
Gerade in einer Welt, in der viele Berufe abstrakt und digital geworden sind, ist das Gefühl, mit den eigenen Händen etwas zu erschaffen, für viele Menschen hoch befriedigend. Der Begriff „Strickflow“ beschreibt den Zustand, in dem Kopf und Hände synchron arbeiten – ähnlich wie beim Meditieren. Nicht umsonst wird Stricken oft als „das neue Yoga“ bezeichnet und als gesundheitsfördernd hervorgehoben.
Für manche ist es einfach eine kreative Pause vom Alltag, für andere ein Statement gegen Geschlechterklischees.
Männer, die gemeinsam stricken – Communitys weltweit
Männer stricken heute längst nicht mehr nur allein auf dem Sofa. Weltweit haben sich Gruppen gebildet, in denen sich Männer gezielt austauschen, gemeinsam stricken und voneinander lernen:
DC Men Knit (USA): In Washington treffen sich regelmäßig Männer aller Altersgruppen, um gemeinsam zu stricken. Dabei geht es nicht nur ums Handwerk – sondern auch um Gemeinschaft, mentale Gesundheit und Empowerment.
Norwich Men’s Knitting Group (UK): Diese Gruppe wurde gegründet, um einen geschützten Raum für männlich gelesene Personen zu schaffen. Hier geht es auch um Inklusion, queere Identität und Zugehörigkeit.
„Magliuomini“ (Italien): Diese Facebook-Gruppe versammelt italienische Stricker – Männer, die das Hobby mit Stolz leben und sich gegenseitig unterstützen.
Lutz Staacke aka Maleknitting (Deutschland): Einer der ersten männlichen Strickblogger im deutschsprachigen Raum – heute eine feste Größe in der Szene. Lutz schreibt, designt, gibt Kurse und setzt sich für mehr Vielfalt in der Strickwelt ein.
Ob lokal oder online: Diese Communitys beweisen, dass Stricken längst kein reines Frauending mehr ist – und es auch nie war.
Was stricken Männer eigentlich?
Die Vorlieben sind so vielfältig wie die Männer selbst. Viele starten mit Schals oder Mützen, andere stürzen sich direkt auf Pullover, Socken oder sogar kuschelige Babydecken.
Ein wachsender Trend – vor allem in den nordischen Ländern – ist das sogenannte Knooking: eine Technik, die wie Stricken aussieht, aber mit nur einer Häkelnadel und einer speziellen Schnur funktioniert. Besonders beliebt bei Anfängern und pragmatisch denkenden Männern, die klare Abläufe und einfache Werkzeuge schätzen.
🧢 Typisch für die Szene: selbstgemachte Mützen im nordischen Stil, oft in reduzierten Farben und klaren Formen. Dazu gibt es sogar spezielle Bücher, etwa „Knooking – Mützen & Accessoires für Einsteiger“.
In den Gruppen werden außerdem technische Kniffe und kreative Projekte geteilt, zum Beispiel:
Wollsocken mit Norwegermuster
Bierwärmer mit Zopfmuster
Patchwork-Decken mit Symbolen
Knooking-Armbänder oder Täschchen
Schlichte Beanies mit Statement-Label
Nicht selten entstehen so auch erste eigene Designs oder Geschenkideen.
🔗 Tipp: Auf Ravelry gibt es viele kostenlose Knooking-Anleitungen auf Englisch und Deutsch. Auch YouTube bietet hilfreiche Einsteigervideos – besonders für Mützen.
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Hürden und Mut – wenn Männer zur Nadel greifen
Auch wenn viele Männer heute offen stricken, gibt es nach wie vor Hemmschwellen. Stricken wird gesellschaftlich noch immer stark mit älteren Frauen assoziiert – und genau das macht es für viele Männer schwierig, sich in Strick-Communitys mit überwiegend weiblicher Beteiligung einzubringen.
Gerade am Anfang erleben einige Unverständnis oder sogar Spott aus ihrem Umfeld:
„Als großer, bärtiger Typ wurde ich gefragt, ob ich den Bezug zur Realität verloren hätte. Aber in der Strickgruppe wurde ich sofort aufgenommen.“
— Nutzer auf Reddit
Andere berichten:
„Ich stricke im Büro, und niemand hat je etwas Negatives gesagt – im Gegenteil, es sorgt für gute Gespräche.“
Die größten Herausforderungen sind meist nicht technischer, sondern sozialer Natur: Stereotype, Unsicherheit, fehlende männliche Vorbilder. Auch die Gestaltung vieler Strickhefte – mit Fokus auf „feminine Designs“ – schreckt Männer manchmal ab.
Umso wichtiger sind sichtbare Männer in der Szene, Ermutigung durch andere Strickende – und Orte, an denen man einfach loslegen kann.
Fazit: Stricken kennt kein Geschlecht – sondern nur Begeisterung
Stricken ist ein Handwerk, eine Kunst – und ein Weg zu sich selbst. Und dieser Weg steht allen offen. Männer, Frauen, nicht-binäre Menschen: Stricken verbindet. Wortwörtlich.
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The Manly Art of Knitting: Stricken für Männer
In seinem mindestens so unterhaltsamen wie praktischen Buch führt Fougner alle Strickwilligen ein in die Welt der Nadelstärken, linken und rechten Maschen, der gefallenen Maschen und Strickmuster
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